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Mutters Beste – oder Muttermilch von Nestlé aus der Kapselmaschine?

Was gibt es Besseres für meine Kinder, als sie nach der Geburt zu stillen? In guten wie in schlechten Zeiten? Wann immer sie Bedarf nach der Milch aus meiner Brust haben? Stillen nach Bedarf ist hierzulande keine Selbstverständlichkeit. Ich höre zwar immer seltener von im 4-Stunden-Takt gestillten Kindern, aber ich höre noch davon. Auch langes Stillen über sechs Monate oder gar ein Jahr hinaus ist selten. Ich weiß das.

Zwei Stillgenerationen: Mama stillte mich nicht, ich stille meine vier Kinder

Ich selbst habe die Brust nur wenige Tage meines Lebens als Muttermilch spendendes Organ genießen können. Meiner Mutter wurde 1971 schon im Krankenhaus beim ersten Anlegen von mir gesagt, dass sie wohl keine Milch hätte, weil nix raus kam. Häh? Schade, dass sich meine Mutter davon wohl hat beeinflussen lassen. Sicher war das ein Grund, warum sie den normalen Schwierigkeiten beim Erstanlegen dann so wenig Motivation entgegen setzen konnte. Und schade, dass es so schnell möglich war, mich mit Ersatzfutter zu füttern. Und schade, dass keiner sie angehalten hat, es doch nochmal zu versuchen. Doch die Vergangenheit kann ich nicht ändern. Dafür die Gegenwart.

Und heute, im Jahr 2015 bin ich es, die stillt. Das vierte Kind, mittlerweile auch schon ein Jahr lang. Die anderen drei habe ich jeweils 16 Monate und zehn Tage, 18 Monate und zehn Tage und 25 Monate und zehn Tage gestillt. Nach Bedarf. Also bis zum Schluss, wann immer das Kind es wollte. Ich kenne wohl sämtliche Stillprobleme, die einem dabei begegnen können – außer einer fiebrigen Brustentzündung. Will sagen, ich kenne gute und schlechte Stillzeiten. Und sehe dennoch keine, buchstäblich keine Alternative. Nein, ich gehe sogar so weit, dass ich hier schreibe. Ich stille bewusst so lange – wobei ich bei Interesse des Kindes selbstverständlich zulasse, dass dieses auch am Familientisch mit isst – bis das Kind sich vom Angebot auf dem Familientisch satt essen kann. Anders ausgedrückt: Meine Kinder brauchen keine Muttermilch-Ersatznahrung. Ich gehe sogar so weit, dass ich sage: Ich ersetze die Muttermilch auch nicht mit Kuhmilch. Denn meine Abneigung gegen diese ist nicht nur eine auf der Basis einer Laktoseintoleranz, die sich bei mir in einer beschleunigten Verdauung äußert. Ich habe auch aus ethischen Gründen etwas gegen Kuhmilch. Die ist nämlich fürs Kälbchen gedacht und nahrungstechnisch längst nicht so wertvoll wie es und die Milchviehwirtschaft und Milchindustrie buchstäblich wei”ß” machen will.

Nur ein Beispiel: Muttermilch ist so perfekt auf die Bedürfnisse des zugehörigen Nachwuchses abgestimmt, dass sie für ein zu früh geborenes Kind anders zusammengesetzt ist als für ein rechtzeitig geborenes. Dieses perfekte Erstnahrungsmittel ist Teil eines perfekten Versorgungssystem. Keinem Labor gelang es meines Wissens nach bisher, Muttermilch entsprechend nachzumischen. Wie sollte dies auch gelingen?

Stillen ist Arbeit, ich weiß, ich weiß …

Ganz klar: Ich weiß, dass das Stillen Arbeit ist. Ich weiß das sehr wohl. Ich habe insgesamt schon 70 Stillmonate auf der Rechnung. Also fast sechs Jahre! Das sind 2100 Stilltage und 2100 Stillnächte. Letzere sind bei allen Kindern bis zum Schluss von mehreren Stillmahlzeiten unterbrochen worden. Mit anderen Worten: Ich schlafe keine Stillnacht durch. Drei Stunden Schlaf am Stück sind eine Seltenheit. Sicher, das ist selbst gewähltes Schicksal. Doch es gibt für mich keine Alternative. Ich suche auch gar nicht danach. Es steht für mich außer Frage, den Kindern die Brust nicht zu geben. Ich weiß auch, dass sich Stillen und Arbeiten mitunter schwer vereinbaren. Ich selbst bin seit der Geburt meiens ersten Kindes selbständig und arbeite im Home-Office. Glaubt mir, das war kein leichter Schritt, sondern ein notgedrungener. Denn der Verlag, in dem ich jahrelang geschrieben hatte, wollte keine Redakteurin mit Kind. Ich sei als Mutter zu unflexibel. Damals brach für mich eine Welt zusammen – heute sehe ich den Arschtritt als etwas, aus dem ich das Beste gemacht habe, was mir je widerfahren ist. Auch wenn die Selbständigkeit bedeutet, dass ich mehr wirtschaftliche Risiken ertragen muss, ein auf Sicherheit basiertes System wie meins bekommt dabei echt mal Atemnot. Ich habe Verständnis für Mütter, die wegen der Arbeitsaufnahme abstillen müssen. Ich kann sogar Mütter verstehen, die keinen Bock mehr auf die Dienstleistung Stillen haben, gleichwohl ich deshalb nicht abstillen wollen würde, wenn das Kind die Muttermilch noch braucht, also noch nicht vom Familientisch mitessen kann. Wie geschrieben: Muttermilchersatz kommt mir für meine Kinder nicht auf den Tisch. Ich habe selbstverständlich ein Herz für Mütter, die nicht stillen können, weil sie beispielsweise Medikamente nehmen müssen, die milchgängig sind. Oder für Mütter, die sich wegen vielerlei Gründen nicht auf die innige Stillbeziehung einlassen können, zum Beispiel, weil sie ein psychisches Problem haben.

Muttermilch aus der Kapselmaschine “BabyNes” von Nestlé – geht gar nicht!

Warum ich das Ganze so ausführlich schildere? Weil es mir übel aufstößt, wenn ich lese, dass der Superkonzern Nestlé seine Muttermilch-Kapsel-Maschine BabyNes, die seit 2011 auf dem Markt ist (bisher nur in der Schweiz und in Frankreich) und wohl nicht sonderlich gut verkauft wurde, vom Flop zum Top machen will, indem diese jetzt noch mit zusätzlichen Funktionen wie jede Menge Online- & Service-Dienstleistungen, zum Beispiel kostenlose Beratung, angeboten wird. Für gut 200 Euro. Unter anderem könne man sich im BabyNes-System ein eigenes „My BabyNes“-Konto einrichten, schreibt Netzfrau Doro Schreier hier. Inklusive der Angabe unendlich vieler Daten übers Kind (Kein Schelm, der Böses dabei denkt!). Doro hat demnach sogar den Konzern angerufen und nachgehakt, woraus denn die unsäglichen Plastikkapseln bestünden, in denen Nestlé, der übrigens ein Patent auf Muttermilch hat, seinen Muttermilch-Ersatz liefert. Lest selbst, was Nestlé geantwortet hat. Für alle, die BabyNes noch nicht kennen: Hier ein Video, das auf YouTube dazu zu finden war:

Also, ich fasse zusammen: Muttermilch ist in meinen Augen das Beste. Ohne Alternative. Und eine Nestlé-Kapsel-Maschine dafür geht gar nicht. Allein aus ökologischen Gründen. Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Gefahren, die leider allzu oft von “weicher Plastik” ausgehen. Auch wenn der Konzern argumentiert, die Muttermilch-Kapsel-Maschine sei für Weltregionen, in denen das Wasser nicht unbedingt trinkbar ist, weil es zu kontaminiert sei. Zu dieser wohlmeinenden Verkaufsstrategie passt der stolze Preis dann irgendwie auch nicht, oder?

Logo: Nestlé

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